Traumhafte Landschaft, wilde Geysire, erholsame Natur - nur leider heillos teuer: Das war Island.
Bis jetzt.
Dank der Finanzkrise entwickelt sich das einst extrem teure Land zum Urlaubsdiscounter.
Ein Land vor dem völligen Ruin?
Geldtauschverbot für Einheimische?
Leere Supermarktregale?
Von alldem bekommen deutsche Touristen wenig zu spüren, wenn sie bei der isländischen Centerhotels-Gruppe anrufen und Verkaufsdirektor Niclas Bylund um Ratschläge für eine geplante Islandreise bitten: "Bringen Sie festes Schuhwerk mit, denn Reykjavik ist eine großartige Stadt für lange Spaziergänge und Wandertouren", empfiehlt der Schwede mit schwungvoller Stimme.
Während sich die Isländer auf eine schwierige Zukunft einstellen, können Reisende sich freuen:
Denn die isländische Hauptstadt Reykjavík, vor der internationalen Finanzkrise für westeuropäische Verhältnisse ein Luxusziel, entwickelt sich zum Urlaubsdiscounter.
Bislang galt die Insel, die vor allem aus Gletschern, Fjorden und Vulkanen besteht, als kalt, dunkel, schön - und teuer.
Das Wirtschaftsmagazin The Economist setzte Island auf seinem jährlich berechneten Big Mac Index auf Platz eins der teuersten Länder weltweit.
Vor dem Wertverlust der isländischen Währung (Krona) erhielten Touristen rund 90 Kronen für einen Euro. Inzwischen hat die Nationalbank den Kurs bei 150 Kronen pro Euro fixiert. Weil normale Isländer derzeit aber regulär keine Devisen mehr eintauschen dürfen, steht der Schwarzmarktkurs bei rund 350 Kronen.
Die lokale Tourismusindustrie nimmt das Schicksal ihres Landes zum Anlass, frei nach dem Motto "Ein drohender Staatsbankrott kann auch sexy sein" für einen Billigtrip auf die Insel zu werben.
"Von einem Tag auf den anderen hat sich Island zu einem der günstigen Orte entwickelt, an denen man in Europa Urlaub machen kann", sagt Clive Stacey, Geschäftsführer von "Discover the world" – einem Reisebüro, das jedes Jahr mehr als 8000 Touristen nach Island bringt. Bisher waren seine Kunden ein erlesener Kreis von Touristen, die auf einen besonderen Urlaub Wert legten.
Jetzt üben sich isländische Reiseveranstalter in regelrechter Billigflieger-Dialektik: "Das Rekordtief der Isländischen Krone lädt ein, Island JETZT zu entdecken", schreibt Icelandair auf seiner Homepage.
Die Preise, sowohl Flugpreise nach Island, wie auch Preise für Hotels, Mietwagen, Restaurantbesuche und Ausflüge seien "so günstig wie nie zuvor". Ein Flug von Frankfurt nach Reykjavík kostet derzeit rund 36.000 Kronen - vor der Finanzkrise also rund 400 Euro, jetzt nur noch 120 Euro.
"Die Insel, auf der jeder auf seine Kosten kommt"
Neben Icelandair haben auch diverse andere Touristikdienstleister auf die Finanzmarktkrise reagiert und den drohenden Staatsbankrott ihres Landes zum Standortvorteil für Touristen erhoben: Das Fremdenverkehrsbüro des Landes empfiehlt: "Wer günstig nach Island reisen möchte, sollte dies jetzt tun, da die Isländische Krone momentan für Touristen sehr gut dasteht." Island wird gepriesen als "die Insel, auf der jeder auf seine Kosten kommt". "Oder wie wäre es mit Christmas Shopping - Isländische und internationale Marken zu erschwinglichen Preisen", schlagen die Marketingexperten des Tourist Office vor.
Ausländische Touristen dürften sich bei einem Spaziergang durch die isländische Hauptstadt bisweilen wie bei einem Osteuropa-Urlaub fühlen:
Ein Pint Bier kostet zwischen 500 und 700 Kronen - vor der Finanzkrise mit rund sieben Euro eine stolze Investition, inzwischen mit etwa zwei Euro erschwinglich. Ein Cheeseburger - in Island kostet er 220 Kronen - ist von 2,40 Euro auf 80 Cent gefallen. Drinks sind für vier bis sechs Euro zu haben. Ein Mietwagen kostet pro Woche unter 200 Euro.
Ähnliche Preisstürze erleben Touristen bei der Hotelübernachtung:
"Iceland just became very affordable!", vermeldete jüngst die nationale Jugendherbergorganisation Islands.
Wer eine Jugendherbergskarte besitzt, kann in Island für 1850 Kronen übernachten - bei einem Wechselkurs um 300 Kronen zahlen Touristen also nur rund sechs Euro pro Nacht. Eine vierstündige Führung durch die spektakulärsten Höhlen und Krater der Umgebung in Reykjavík für 7100 Kronen, also rund 20 Euro.
So, if you always wanted to come back to Iceland, now is your chance, lautet das Fazit der isländischen Jugendherbergs-Vereinigung zur prekären Lage.
"Die Preise sind gar nicht so schlecht"
Die Hoteliers glauben indes nicht, dass Touristen von der prekären wirtschaftlichen Lage des Landes viel mitbekommen:
"Es ist schon bemerkbar, dass die Isländer derzeit sehr stark auf ihre Ausgaben achten, aber es ist keinesfalls so schlimm wie in der Presse berichtet", sagt Niclas Bylund, : "Ich denke, dass die meisten Isländer von den Ereignissen nicht zu schwer betroffen sind".
Seine Hotelgruppe bekommt bereits das gestiegene Interesse auswärtiger Touristen zu spüren: "
Auf kurze Sicht haben wir ungefähr dieselben Buchungszahlen wie im Vorjahreszeitraum, aber die Anfragen für das nächste Jahr sind weitaus höher als in diesem Jahr."
Inzwischen sind die ersten Staatsbankrott-Touristen aus Island zurückgekehrt:
"Ich war erst vor einer Woche in Island und es war bereits billiger", sagt Clive Stacey.
Der Geschäftsführer des "Discover the world"-Reisebüros besucht Island seit 35 Jahren – "und zum ersten Mal schaute ich auf die Speisekarte in einem Restaurant und dachte: Wirklich, die Preise sind nicht so schlecht.
Manuel
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